Leseinteresse wecken

"Kommunikation über Bilder fördern" - "Leseinteresse wecken " :

diese Materialien fußen auf dem erweiterten Verständnis vom Lesen des Pädagogen Werner Günthner:

 

Lesen wird bei Günthner nicht nur als Wahrnehmen, Deuten und Verstehen von abstrakten Zeichen, Signalen, Buchstaben, Wörtern und Texten definiert. Er begreift darüber hinaus auch erlebbare Situationen und Bilder als lesbare Formen, die „Ablesbares“ beinhalten.

 

Die Stufen, in denen Kinder solcherart definiertes Lesen lernen, sehen wie folgt aus:

 

Situationen lesen
  (Grundvoraussetzung für alle weiteren Stufen: reale Situationen wahrnehmen, deuten und einordnen können)

 

 • Bilder lesen
  (konkrete Abbildungen von Personen, Gegenständen, Situationen zunächst als Einzelbilder. Später auch als Bildfolgen
  wahrnehmen, deuten und einordnen können)

 

Piktogramme lesen
  (schematisierte, stilisierte Teilabbildungen von Gegenständen und menschlichen Gestalten)

 

Signalwörter lesen
  (abstrakte grafische Gestalten, meist aus Buchstabenreihen und farblich genormtem Hintergrund, z.B. Markenzeichen wie „ALDI“,
  „McDonald’s“, sowie die eigenen Namen (bei langen Namen die ersten Buchstaben).

 

Ganzwörter lesen
  (Wörter werden an ihrer Gestalt erkannt, wie ein Bild als Ganzes)

 

Erst nach dieser logographischen Phase folgt dann später die alphabetische Phase, in der „Schrift“ gelesen wird (Analyse, Synthese, Sinnentnahme).


Ein in dieser Art erweiterte Leseunterricht ermöglicht auch Kindern, die noch keinen Zugang zur Buchstabenschrift gefunden haben, sich über Bilder, Bildfolgen und Bildergeschichten selbst als schon lesend wahrzunehmen.

 

Mit Piktogrammen und später Ganzwörtern nähern sie sich dann bereits der abstrakten Schriftsprache an.

 

In der Kommunikation über Bilder werden Kinder dazu angeregt, den Situationskontext aus den Andeutungen des Bildes zu erschließen, Gesten und Mienen zu deuten, Motive zu erfassen und zu erklären und die Bildsituation, wie sie sie begreifen, mit eigenen Worten zu beschreiben und zu erklären. Sie können dabei angehalten werden, die Bildsituation möglichst treffend in Sprache zu übersetzen (vgl. Gerth 1972) oder in freier Assoziation zum Dargestellten eine Erlebnis- oder Fantasiegeschichte zu entwickeln. So identifizieren, komplettieren und imaginieren sie Bildinhalte, variieren mögliche Situationen, Vorgeschichten oder Folgen der Bildsituation (vgl. Ulrich 1976).

 

Gleichzeitig setzt die Aufgabe Bilder zu „lesen“ also entscheidende Impulse für eine Wahrnehmung, wie sie später auch das Lesen von schriftsprachlichen Texten erfordert: Nicht nur die Sinne werden hier gefordert, sondern auch Fähigkeiten wie z.B. Aufmerksamkeit, Konzentration, das Auswählen relevanter Informationen aus der Vielzahl von Eindrücken, den Perspektivenwechsel, das Analysieren, Ordnen, Einordnen und Abspeichern von Informationen.

 

 

Literatur:

Gerth, Klaus: Bildergeschichten. Ein Arbeitsmittel für das mündliche und schriftliche Erzählen, Hannover 1972


Günthner, Werner: Lesen und Schreiben an der Schule für Geistigbehinderte. Dortmund. 1999


Textor, Martin R.: Kognitive Bildung im Kindergarten: http://www.kindergartenpaedagogik.de/1278.pdf [Stand 21.06.2017]


Ulrich, Winfried: Das Bild als Sprech- und Schreibimpuls. Frankfurt / Main 1976

"Bilder lesen"  - Beliebtes Material


Piktogramme lesen: Beliebtes Material


Ganzwörter lesen - Beliebtes Material


"Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt."

Albert Einstein

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